Schreibaufruf zu Energiegewinnung, Energienutzung und Protesten gegen Kraftwerke in Österreich in den 1970er und 1980er Jahren.

Foto: Zeltlager in der besetzten „Stopfenreuther Au“ bei Hainburg an der Donau, Dezember 1984. Credits: Reinhard Golebiowski/Gerald Navara.

Haben Sie eigene Erlebnisse und Erinnerungen rund um die Themen Energie, Energiekrisen und Kraftwerke in den 1970er und 1980er Jahren in Österreich, die Sie mit uns teilen würden?

Waren Sie selbst an Protesten gegen Kraftwerke beteiligt und können Sie Ihre persönliche Geschichte dazu erzählen? Was hat Sie damals dazu bewegt, was hat Sie berührt oder empört? Oder standen Sie diesen Protestbewegungen ablehnend gegenüber und haben dazu eine persönliche Geschichte zu erzählen?

Erinnern Sie sich an die Energiekrisen der 1970er Jahre und an Maßnahmen gegen Energieknappheit? Oder an die gesellschaftlichen Debatten über Energienutzung dieser Zeit? Wie erlebten Sie selbst diese Situation?

Wir, Sophia Rut und die „Doku Lebensgeschichten“, laden Sie dazu ein, Ihre Erinnerungen zu diesen Themen aufzuschreiben und an uns zu schicken!

Schreibaufruf zu Energiegewinnung, Energienutzung und Protesten gegen Kraftwerke in Österreich in den 1970er und 1980er Jahren

Im Österreich der 1970er und 1980er Jahre war die Nutzung von Energie und auch die Frage, aus welchen Quellen Energie in Zukunft kommen sollte, ein breit diskutiertes Thema. 1973 und 1979 lösten die Energiekrisen oder „Ölpreisschocks“ Unbehagen bei vielen Menschen aus. Nach Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs und zunehmender Mobilität sahen sie sich nun Maßnahmen zur Reduktion des Erdölverbrauchs (wie dem „autofreien Tag“ im Jahr 1974) gegenüber. Bereits 1972 hatte der Club of Rome die „Grenzen des Wachstums“ und damit auch die Endlichkeit der globalen fossilen Energieressourcen aufgezeigt. Auch Bücher wie der „Atomstaat“ von Robert Jungk zeichneten eine mögliche Zukunft mit apokalyptischer Grundstimmung. Ob Utopien oder Horrorvorstellungen über die Zukunft: Energiegewinnung und -nutzung spielte darin oftmals eine Rolle.

Umweltaktivist*innen protestieren auf den Schornsteinen zweier Kalorischer Kraftwerke für den Einbau von FIltern, Wien und Kufstein, April 1983. Credits: Global 2000

An manchen der kontroversen Debatten um Energie und Kraftwerke beteiligten sich große Teile der österreichischen Bevölkerung. Erhofften sich die einen beispielsweise wirtschaftliche Impulse, Arbeitsplätze und günstigen Strom von neuen Kraftwerken, sahen die anderen Landschaftszerstörung und die Gefährdungen von Mensch und Umwelt in den Kraftwerksbauten. Umweltaktivist*innen protestierten gegen die Errichtung von Atomkraftwerken und atomaren Endlagern oder machten mit spektakulären Kletteraktionen auf Kraftwerkschornsteine auf Luftverschmutzung und Sauren Regen aufmerksam.

Ein Ereignis, das in die österreichische Geschichte einging, ist nun genau 40 Jahre her: Im Dezember 1984 verhinderte der Wochen andauernde, vielstimmige Protest in den Auwäldern bei Hainburg den Bau eines Donaukraftwerks. Ähnlich wie auch die Volksabstimmung um die Inbetriebnahme des fertig gebauten Atomkraftwerks in Zwentendorf, die mit einem Nein zur Atomkraft ausging, ist Hainburg bis heute im Gedächtnis der Republik präsent.

Proteste gegen den Kraftwerksbau im Reichraminger Hintergebirge, Juni 1984. Credits: Basisgruppe – Schützt das Hintergebirge

Doch es gab auch kleinere, weniger bekannte Aktionen gegen den Bau von Kraftwerken: im Reichraminger Hintergebirge, im Dorfertal, in Molln, in der Wachau, um nur einige zu nennen. Ebenso gab es Initiativen der Befürworter*innen, die sich die erhofften Chancen für den Ort oder die Region nicht verderben lassen wollten.

Ihr persönlicher Erlebnisbericht könnte helfen, die Ereignisse und Veränderungen dieser Jahre besser zu verstehen.

Was geschieht mit Ihrem Text?

Ihr Erinnerungstext kann eine wichtige Grundlage für ein Forschungsprojekt darstellen, das derzeit an der Universität für Bodenkultur durchgeführt wird: in ihrer Dissertation beschäftigt sich Sophia Rut mit Protesten gegen Kraftwerke, der Umweltbewegung und dem Energiesystem Österreichs in den 1970er und 1980er Jahren. Dafür verwendet sie sowohl lebensgeschichtliche Interviews als auch schriftliche Quellen, die Aussagen darüber zulassen, wie verschiedene Menschen diese Zeit wahrgenommen haben oder was ihre Beweggründe waren, gegen Kraftwerksbauten aktiv zu werden.

Auch über diese konkrete Forschung hinaus sollen Ihre Erinnerungen als Beiträge zur österreichischen Umweltgeschichte für die Wissenschaft, für Studierende und für künftige Bildungs- oder Umweltprojekte aufbewahrt werden. Ihr Einverständnis vorausgesetzt möchten wir Ihre Aufzeichnungen in der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen an der Universität Wien https://lebensgeschichten.univie.ac.at/ archivieren. Dabei berücksichtigen wir selbstverständlich Ihre persönlichen Wünsche oder allfällige Vorbehalte (Anonymität u. Ä.)

Über Sophia Rut

Sophia Rut ist Umwelthistorikerin, freie Kuratorin sowie Lektorin an der Universität für Angewandte Kunst. In ihrem von der Akademie der Wissenschaften geförderten PhD Projekt am Institut für Soziale Ökologie an der BOKU beschäftigt sie sich mit Österreichs Umweltbewegung und Energiesystem in den 1970er und 1980er Jahren.

In ihrer Dissertation „Kämpfe gegen Kraftwerke. Ökologiebewegung und Energiesystem in Österreichs langen 1970er Jahren“ geht Sophia Rut der Frage nach, wie Kraftwerke und Energiesystem von verschiedenen Akteuren wahrgenommen wurden. Welche Wünsche, Ängste, Utopien und Dystopien hatten Kraftwerksgegner*innen in den „langen 1970er Jahren“ – im Zeitraum von etwa 1968 bis 1985 – in Bezug auf den gesellschaftlichen Umgang mit Energie? Und wie können wir heute, 50 Jahre später, diese Kämpfe um die Gestaltung von Energiesystem und Landschaften mittels sozial-ökologischer Daten einschätzen?

Gemeinsam mit Julia Vitouch entstand zum Thema Geschichte der Umweltbewegung in Österreich bereits ein Oral History Projekt sowie eine dreiteilige Podcast-Reihe im Falter Radio: Zwentendorf – wie Österreich sein fertiges AKW zusperrte; Hainburg – wie alles anfing und warum der Protest so groß wurde Der Kampf gegen den Klimawandel

Mit der im Winter 2023 viel beachteten Ausstellung „Von Zwentendorf zu CO2“ im Volkskundemuseum Wien bereiteten Sophia Rut und Julia Vitouch das Thema Umweltbewegung für ein breiteres Publikum auf. Durch eine Mitmach-Station in der Ausstellung wurde die direkte Partizipation der Besucher*innen ermöglicht. Die Hör-Beiträge aus der Ausstellung können in der Online Ausstellung „Von Zwentendorf zu CO2“ nachgehört werden.

Über die Doku Lebensgeschichten

Die Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen sammelt seit mehr als 40 Jahren die Lebensgeschichten von Menschen – insbesondere von jenen, die üblicherweise nicht im Rampenlicht standen oder stehen. Denn ohne die vielfältigen Alltagserfahrungen von Menschen lässt sich Geschichte nicht adäquat schreiben – und dazu gehören natürlich ihre Kämpfe, ihr Engagement und Protest.
In der Dokumentationsstelle an der Universität Wien erreichen Sie Jessica Richter, Sozialwissenschaftlerin und Historikerin, die sich seit vielen Jahren insbesondere mit der Geschichte von Hausgehilfinnen, landwirtschaftlichen Mägden und Knechten und zuletzt auch mit Saisonarbeiter*innen am Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschäftigt hat. Sie arbeitet hier mit Günter Müller zusammen, der die Sammlung über 30 Jahre lang betreut hat.

https://lebensgeschichten.univie.ac.at/

Haben Sie eigene Erlebnisse und Erinnerungen rund um die Themen Energie, Energiekrisen und Kraftwerke in den 1970er und 1980er Jahren in Österreich, die Sie mit uns teilen würden?

Geben Sie diesen Schreibaufruf bitte weiter, falls Sie Leute kennen, die sich angesprochen fühlen könnten!

Bitte schicken Sie uns Ihren Text

per E-Mail an:

sophia@schreibaufruf-energie.at

oder mit der Post an das

Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Doku Lebensgeschichten
Universität Wien,
Universitätsring 1
1010 Wien

Telefonisch sind wir innerhalb der Öffnungszeiten der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen Mittwoch und Donnerstag von 10:00 – 14:00 Uhr
zu erreichen unter:

+43-1-4277-41306

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